Geht nicht ? Nein, geht wirklich nicht. Aber man kann es ja einmal versuchen …… So geschehen in Nordrhein-Westfalen. Weil die Schule eine im Lehrplan vorgesehene Klassenfahrt durchführen will, aber Fahrt – und Übernachtungskosten für die mitreisende Lehrerin nicht bezahlen wollte, griff man in die Trickkiste. Wie es aussieht nicht tief genug.
Einer pflichtbewußten Klassenlehrerin legte man eine Verzichtserklärung zum Unterschreiben vor. Mit ihrem Verzicht sollte die Lehrerin die auf sie entfallenden Fahrt – und Übernachtungskosten der Klassenfahrt selbst bezahlen – nur damit die Klassenfahrt überhaupt stattfinden kann. Andernfalls ……kann eben keine Klassenfahrt stattfinden.
Die Lehrerin unterschrieb. Man fuhr auf Klassenfahrt und die Lehrerin zahlte ihren Kostenanteil.
So weit so gut ? Nicht wirklich !
Denn: das Land hatte sich bei der Kostenhöhe verrechnet ………und völlig übersehen, daß es sich bei der Lehrerin um eine Angestellte und nicht um eine Beamtin handelte.
Es kam, wie es kommen mußte: die Lehrerin verklagte das Land auf Kostenerstattung.
Zwar unterlag sie in der ersten Instanz, was das Berufungsgericht jedoch nicht hinderte, wie folgt zu urteilen:
1. Nach § 23 IV TV-L (Tarifvertrag der Länder) hat die angestellte Lehrkraft im nordrhein-westfälischen Schuldienst bei Durchführung einer genehmigten Klassenfahrt Anspruch auf Erstattung ihrer Reisekosten nach dem Landesreisekostengesetz (LRKG NW).
2. Auch wenn § 3 VIII LRKG NW grundsätzlich einen schriftlichen Verzicht des Bediensteten auf Reisekostenerstattung zulässt, kann es dem Land wegen unzulässiger Rechtsausübung verwehrt sein, sich auf eine eingeholte Verzichtserklärung zu berufen.
3. Das ist der Fall, wenn die Verzichtserklärung unter Verletzung der dem Bediensteten geschuldeten Fürsorge erwirkt worden ist, indem die Genehmigung der Klassenfahrt entsprechend Nr. 3.3 der Wanderrichtlinien (WRL) davon abhängig gemacht worden ist, dass die Lehrkraft „zuvor schriftlich auf die Zahlung der Reisekosten verzichtet“.
4. Dies gilt in gesteigertem Maß für Klassenlehrerinnen und Klassenlehrer, die nach § 15 VI der Allgemeinen Dienstordnung für Lehrerinnen und Lehrer in besonderer Weise zur Teilnahme an den Fahrten ihrer Klasse angehalten sind („im Regelfall“). Es ist fürsorgewidrig, Klassenlehrerinnen und Klassenlehrer bei der Genehmigung einer Klassenfahrt vor die Alternative zu stellen, auf begründete Ansprüche zu verzichten oder „ihre Klasse im Stich zu lassen“.
Damit mußte das Land die Reisekosten der Klassenfahrt an die Lehrerin zurückzahlen.
Da die Sache grundsätzliche Bedeutung hat, wurde die Revision zum Bundesarbeitsgericht (9 AZR 183/11) zugelassen.
Vorinstanz: Arbeitsgericht Münster – 1 Ca 334/10
Landesarbeitsgericht Hamm – 3.2.2011 – 11 Sa 1852/10
24 Mai 2011
0 CommentsKlassenfahrt ohne Lehrer ?
Geht nicht ? Nein, geht wirklich nicht. Aber man kann es ja einmal versuchen …… So geschehen in Nordrhein-Westfalen. Weil die Schule eine im Lehrplan vorgesehene Klassenfahrt durchführen will, aber Fahrt – und Übernachtungskosten für die mitreisende Lehrerin nicht bezahlen wollte, griff man in die Trickkiste. Wie es aussieht nicht tief genug.
Einer pflichtbewußten Klassenlehrerin legte man eine Verzichtserklärung zum Unterschreiben vor. Mit ihrem Verzicht sollte die Lehrerin die auf sie entfallenden Fahrt – und Übernachtungskosten der Klassenfahrt selbst bezahlen – nur damit die Klassenfahrt überhaupt stattfinden kann. Andernfalls ……kann eben keine Klassenfahrt stattfinden.
Die Lehrerin unterschrieb. Man fuhr auf Klassenfahrt und die Lehrerin zahlte ihren Kostenanteil.
So weit so gut ? Nicht wirklich !
Denn: das Land hatte sich bei der Kostenhöhe verrechnet ………und völlig übersehen, daß es sich bei der Lehrerin um eine Angestellte und nicht um eine Beamtin handelte.
Es kam, wie es kommen mußte: die Lehrerin verklagte das Land auf Kostenerstattung.
Zwar unterlag sie in der ersten Instanz, was das Berufungsgericht jedoch nicht hinderte, wie folgt zu urteilen:
Damit mußte das Land die Reisekosten der Klassenfahrt an die Lehrerin zurückzahlen.
Da die Sache grundsätzliche Bedeutung hat, wurde die Revision zum Bundesarbeitsgericht (9 AZR 183/11) zugelassen.
Vorinstanz: Arbeitsgericht Münster – 1 Ca 334/10
Landesarbeitsgericht Hamm – 3.2.2011 – 11 Sa 1852/10