In einem weiteren Fall ging es um die spannende Frage, ob das Anklicken des „Gefällt mir“ / „Like“ – Buttons auf Facebook eine (außerordentliche) Kündigung rechtfertigen kann.
Das Arbeitsgericht Dessau-Roßlau hat entschieden,
dass unabhängig von der Frage, ob sich eine Arbeitnehmerin über den Facebook „Gefällt mir“ Button, eine Beleidigung eines Dritten überhaupt zu Eigen macht, dieses im konkreten Fall jedenfalls nicht für eine Kündigung ausreichend ist.
Sachverhalt:
Der Ehemann der Klägerin „postete“ im August 2011 auf seiner Internetseite bei dem sozialen Netzwerk „Facebook“ folgende Eintragungen:
„Hab gerade mein Sparkassen-Schwein auf ……… getauft“ ….. „Naja, irgendwann stehen alle Schweine vor einem Metzger“.
„……………….. “ sind die Vornamen der Vorstände der Beklagten. Der Ehemann der Klägerin veröffentlichte auf dieser Seite zudem eine piktographische Fischdarstellung, bei der das Mittelstück des Fisches durch das Sparkassensymbol dargestellt ist. Neben dem Piktogramm befand sich die Anmerkung „Unser Fisch stinkt vom Kopf“. Die Facebook-Seite des Ehemannes der Klägerin war für 155 „Freunde“, u.a. auch zahlreiche Mitarbeiter und Kunden der Beklagten, einsehbar. Unter dem Fischpiktogramm befand sich mit dem Kommentar „gefällt mir“ der Name der Klägerin.
Die Beklagte erhielt im Herbst 2011 einen anonymen Brief mit einem Ausdruck der dargestellten Facebook-Seite des Ehemannes der Klägerin.
Mit Schreiben forderte die Beklagte die Klägerin, auf, bis November 2011 zu den Eintragungen auf der Facebook-Seite ihres Ehemannes Stellung zu nehmen. Unmittelbar nach Zugang dieses Schreibens wurden die fraglichen Eintragungen gelöscht.
Die Beklagte sprach die ordentliche und -hilfsweise- die außerordentliche Kündigung aus.
Die Klägerin behauptet im Kündigungsschutzprozeß, den „Gefällt-mir-Button“ unter dem Fisch-Piktogramm auf der Facebook-Seite ihres Ehemannes habe nicht sie selbst sondern möglicherweise ihr Ehemann betätigt. Dazu sei er in der Lage, da sie ihren jetzigen alleinigen Account bis April 2011 mit ihrem Ehemann gemeinsam genutzt habe und dieser auch weiterhin über den inzwischen nur noch von der Klägerin genutzten Account Kommentare unter dem Namen der Klägerin bei Facebook abgeben könne. Ihr Ehemann habe sowohl das Fisch-Piktogramm als auch den Eintrag, sein Sparkassenschwein „Ralf-Thomas“ getauft zu haben, ohne Wissen und Billigung der Klägerin auf seiner Facebook–Seite veröffentlicht. Die Zuordnung des Doppelvornamens auf die beiden Vorstände der beklagten Sparkasse sei für einen objektiven Dritten allerdings nicht möglich. Das Fisch-Piktogramm stelle nur eine allgemein gehaltene Satire in Bezug auf das bekannte Markenzeichen der Sparkasse ohne nähere Individualisierbarkeit einer konkreten Institution oder einer natürlichen Person dar.
Die Beklagte meint, das Fischpiktogramm stelle einen Angriff auf das Ansehen der Sparkasse und damit eine Beleidigung der Beklagten dar, welche sich die Klägerin („gefällt mir“) zueigen gemacht habe. Durch ihre Stellungnahme habe die Klägerin die dadurch entstandene erhebliche Erschütterung des Vertrauensverhältnisses gegenüber der Beklagten zudem nicht ausgeräumt sondern noch vertieft, da sie die Äußerungen ihres Ehegatten nicht bedauert, sondern mit nicht nachvollziehbaren Auslegungsversuchen bagatellisiert und damit gebilligt habe.
Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben.
Soweit die Beklagte die fristlose Kündigung auf die von dem Ehemann der Klägerin bei Facebook „geposteten“ Erklärungen („Unser Fisch stinkt vom Kopf“ und „Ich habe mein Sparkassen-Schwein Ralf-Thomas getauft“) stützt, sind diese Aktivitäten des Ehemannes nicht geeignet, die fristlose Kündigung des Arbeitsverhältnisses der Klägerin zu rechtfertigen, da die Klägerin grundsätzlich keine Verantwortung für von ihrem Ehemann abgegebene Stellungnahmen trägt.
Die Klägerin könnte aus dem Arbeitsverhältnis allenfalls eine Pflicht treffen, auf ihren Ehemann mit der Maßgabe einzuwirken, Äußerungen zu unterlassen, die das Unternehmen ihres Arbeitgebers schädigen. Eine derartige Pflichtverletzung steht vorliegend jedoch nicht in Rede, da die fraglichen Facebook-Einträge, nachdem die Klägerin mit ihnen konfrontiert worden war, unmittelbar von der Internetseite ihres Ehemannes entfernt wurden und zu vermuten ist, dass die Klägerin ihre Löschung veranlasst hat. Eine Pflichtverletzung ist ihr in diesem Zusammenhang nicht zur Last zu legen.
Auch der Vorwurf der Beklagten, die Klägerin habe unter dem Fisch-Piktogramm der Beklagten („Unser Fisch stinkt vom Kopf“) auf der Facebook-Seite ihres Ehemannes den „Gefällt-mir“-Button gedrückt, rechtfertigt die fristlose Kündigung des Arbeitsverhältnisses weder als Tat- noch als Verdachtskündigung. Diese ist grundsätzlich nur gerechtfertigt, wenn sich ein dringender Verdacht aus objektiven, im Zeitpunkt der Kündigung vorliegenden Umständen ergibt und die überwiegende Wahrscheinlichkeit begründet, der Verdächtige habe die Pflichtwidrigkeit begangen. Bloße, auf Vermutungen gestützte Verdächtigungen reichen dafür nicht aus (vgl. BAG, Urt. v. 10.02.2005 – 2 AZR 189/04).
Soweit die Beklagte die Verdachtskündigung damit begründet, die Klägerin habe den „Gefällt-mir-Button“ selber betätigt, da er über ihren Account ausgelöst worden sei, hat die Klägerin diesen Verdacht durch die unwidersprochene Darlegung entkräftet, auch ihr Ehemann habe Zugang zu ihrer Facebook-Seite und habe den Button betätigt. Unabhängig davon wäre es aber auch zweifelhaft, ob die in der Betätigung des „Gefällt-mir-Buttons“ liegende einmalige Pflichtverletzung geeignet wäre, die fristlose Kündigung des seit 25 Jahren unbeanstandet bestehenden Arbeitsverhältnisses zu rechtfertigen.
Gerettet hat die Klägerin also ihre langjährige Betriebszugehörigkeit !
Arbeitsgericht Dessau-Roßlau, Urteil vom 21.03.2012, AZ.: 1 Ca 148/11
10 Mai 2012
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In einem weiteren Fall ging es um die spannende Frage, ob das Anklicken des „Gefällt mir“ / „Like“ – Buttons auf Facebook eine (außerordentliche) Kündigung rechtfertigen kann.
Das Arbeitsgericht Dessau-Roßlau hat entschieden,
Sachverhalt:
Der Ehemann der Klägerin „postete“ im August 2011 auf seiner Internetseite bei dem sozialen Netzwerk „Facebook“ folgende Eintragungen:
„……………….. “ sind die Vornamen der Vorstände der Beklagten. Der Ehemann der Klägerin veröffentlichte auf dieser Seite zudem eine piktographische Fischdarstellung, bei der das Mittelstück des Fisches durch das Sparkassensymbol dargestellt ist. Neben dem Piktogramm befand sich die Anmerkung „Unser Fisch stinkt vom Kopf“. Die Facebook-Seite des Ehemannes der Klägerin war für 155 „Freunde“, u.a. auch zahlreiche Mitarbeiter und Kunden der Beklagten, einsehbar. Unter dem Fischpiktogramm befand sich mit dem Kommentar „gefällt mir“ der Name der Klägerin.
Die Beklagte erhielt im Herbst 2011 einen anonymen Brief mit einem Ausdruck der dargestellten Facebook-Seite des Ehemannes der Klägerin.
Mit Schreiben forderte die Beklagte die Klägerin, auf, bis November 2011 zu den Eintragungen auf der Facebook-Seite ihres Ehemannes Stellung zu nehmen. Unmittelbar nach Zugang dieses Schreibens wurden die fraglichen Eintragungen gelöscht.
Die Beklagte sprach die ordentliche und -hilfsweise- die außerordentliche Kündigung aus.
Die Klägerin behauptet im Kündigungsschutzprozeß, den „Gefällt-mir-Button“ unter dem Fisch-Piktogramm auf der Facebook-Seite ihres Ehemannes habe nicht sie selbst sondern möglicherweise ihr Ehemann betätigt. Dazu sei er in der Lage, da sie ihren jetzigen alleinigen Account bis April 2011 mit ihrem Ehemann gemeinsam genutzt habe und dieser auch weiterhin über den inzwischen nur noch von der Klägerin genutzten Account Kommentare unter dem Namen der Klägerin bei Facebook abgeben könne. Ihr Ehemann habe sowohl das Fisch-Piktogramm als auch den Eintrag, sein Sparkassenschwein „Ralf-Thomas“ getauft zu haben, ohne Wissen und Billigung der Klägerin auf seiner Facebook–Seite veröffentlicht. Die Zuordnung des Doppelvornamens auf die beiden Vorstände der beklagten Sparkasse sei für einen objektiven Dritten allerdings nicht möglich. Das Fisch-Piktogramm stelle nur eine allgemein gehaltene Satire in Bezug auf das bekannte Markenzeichen der Sparkasse ohne nähere Individualisierbarkeit einer konkreten Institution oder einer natürlichen Person dar.
Die Beklagte meint, das Fischpiktogramm stelle einen Angriff auf das Ansehen der Sparkasse und damit eine Beleidigung der Beklagten dar, welche sich die Klägerin („gefällt mir“) zueigen gemacht habe. Durch ihre Stellungnahme habe die Klägerin die dadurch entstandene erhebliche Erschütterung des Vertrauensverhältnisses gegenüber der Beklagten zudem nicht ausgeräumt sondern noch vertieft, da sie die Äußerungen ihres Ehegatten nicht bedauert, sondern mit nicht nachvollziehbaren Auslegungsversuchen bagatellisiert und damit gebilligt habe.
Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben.
Soweit die Beklagte die fristlose Kündigung auf die von dem Ehemann der Klägerin bei Facebook „geposteten“ Erklärungen („Unser Fisch stinkt vom Kopf“ und „Ich habe mein Sparkassen-Schwein Ralf-Thomas getauft“) stützt, sind diese Aktivitäten des Ehemannes nicht geeignet, die fristlose Kündigung des Arbeitsverhältnisses der Klägerin zu rechtfertigen, da die Klägerin grundsätzlich keine Verantwortung für von ihrem Ehemann abgegebene Stellungnahmen trägt.
Die Klägerin könnte aus dem Arbeitsverhältnis allenfalls eine Pflicht treffen, auf ihren Ehemann mit der Maßgabe einzuwirken, Äußerungen zu unterlassen, die das Unternehmen ihres Arbeitgebers schädigen. Eine derartige Pflichtverletzung steht vorliegend jedoch nicht in Rede, da die fraglichen Facebook-Einträge, nachdem die Klägerin mit ihnen konfrontiert worden war, unmittelbar von der Internetseite ihres Ehemannes entfernt wurden und zu vermuten ist, dass die Klägerin ihre Löschung veranlasst hat. Eine Pflichtverletzung ist ihr in diesem Zusammenhang nicht zur Last zu legen.
Auch der Vorwurf der Beklagten, die Klägerin habe unter dem Fisch-Piktogramm der Beklagten („Unser Fisch stinkt vom Kopf“) auf der Facebook-Seite ihres Ehemannes den „Gefällt-mir“-Button gedrückt, rechtfertigt die fristlose Kündigung des Arbeitsverhältnisses weder als Tat- noch als Verdachtskündigung. Diese ist grundsätzlich nur gerechtfertigt, wenn sich ein dringender Verdacht aus objektiven, im Zeitpunkt der Kündigung vorliegenden Umständen ergibt und die überwiegende Wahrscheinlichkeit begründet, der Verdächtige habe die Pflichtwidrigkeit begangen. Bloße, auf Vermutungen gestützte Verdächtigungen reichen dafür nicht aus (vgl. BAG, Urt. v. 10.02.2005 – 2 AZR 189/04).
Soweit die Beklagte die Verdachtskündigung damit begründet, die Klägerin habe den „Gefällt-mir-Button“ selber betätigt, da er über ihren Account ausgelöst worden sei, hat die Klägerin diesen Verdacht durch die unwidersprochene Darlegung entkräftet, auch ihr Ehemann habe Zugang zu ihrer Facebook-Seite und habe den Button betätigt. Unabhängig davon wäre es aber auch zweifelhaft, ob die in der Betätigung des „Gefällt-mir-Buttons“ liegende einmalige Pflichtverletzung geeignet wäre, die fristlose Kündigung des seit 25 Jahren unbeanstandet bestehenden Arbeitsverhältnisses zu rechtfertigen.
Gerettet hat die Klägerin also ihre langjährige Betriebszugehörigkeit !
Arbeitsgericht Dessau-Roßlau, Urteil vom 21.03.2012, AZ.: 1 Ca 148/11