Ja !, denn
der schwerbehinderte Arbeitnehmer hat das Recht, sich gegenüber seinem Arbeitgeber auf den gesetzlichen Sonderkündigungsschutz zu berufen, in der Regel nicht nach § 242 BGB verwirkt, wenn er die Unwirksamkeit der Kündigung innerhalb der Klagefrist des § 4 Satz 1 KSchG gerichtlich geltend gemacht hat.
Interessiert ? Lesen Sie hier die Begründung des Bundesarbeitsgerichts
Hat der schwerbehinderte Arbeitnehmer im Zeitpunkt des Zugangs der Kündigung bereits einen Bescheid über seine Schwerbehinderteneigenschaft erhalten, so steht ihm der Sonderkündigungsschutz nach §§ 85 ff. SGB IX – abgesehen von den sich aus § 90 SGB IX ergebenden Ausnahmen – nach dem Wortlaut des Gesetzes auch dann zu, wenn der Arbeitgeber von der Schwerbehinderteneigenschaft oder der Antragstellung nichts wusste !
Allerdings unterliegt das Recht des Arbeitnehmers, sich nachträglich auf eine Schwerbehinderung zu berufen und die Zustimmungsbedürftigkeit der Kündigung geltend zu machen, der Verwirkung (§ 242 BGB).
Die Verwirkung ist ein Sonderfall der unzulässigen Rechtsausübung (§ 242 BGB). Mit der Verwirkung wird ausgeschlossen, Rechte illoyal verspätet geltend zu machen. Sie dient dem Vertrauensschutz und verfolgt nicht den Zweck, den Schuldner stets dann von seiner Verpflichtung zu befreien, wenn der Gläubiger sich längere Zeit nicht auf seine Rechte berufen hat (Zeitmoment). Der Berechtigte muss vielmehr unter Umständen untätig geblieben sein, die den Eindruck erweckt haben, dass er sein Recht nicht mehr wahrnehmen wolle, so dass der Verpflichtete sich darauf einstellen durfte, nicht mehr in Anspruch genommen zu werden (Umstandsmoment). Hierbei muss das Erfordernis des Vertrauensschutzes auf Seiten des Verpflichteten das Interesse des Berechtigten derart überwiegen, dass ihm die Erfüllung des Anspruchs nicht mehr zuzumuten ist.
Nach den vom Senat hierzu aufgestellten Grundsätzen muss sich der Arbeitnehmer, wenn er sich den Sonderkündigungsschutz nach § 85 SGB IX erhalten will, nach Zugang der Kündigung innerhalb einer angemessenen Frist, die drei Wochen beträgt, gegenüber dem Arbeitgeber auf seine bereits festgestellte oder zur Feststellung beantragte Schwerbehinderteneigenschaft berufen. Unterlässt der Arbeitnehmer die entsprechende Mitteilung, so hat er den besonderen Kündigungsschutz verwirkt.
Die Dreiwochenfrist ist eine Regelfrist. Sie konkretisiert den Verwirkungstatbestand. Ihre Überschreitung führt danach regelmäßig, aber nicht zwingend zur Verwirkung.
Bundesarbeitsgericht, Urteil v. 23.02.2010, Az.: 2 AZR 659/08
Vorinstanzen:
Arbeitsgericht Karlsruhe, Urteil v. 17.8.2007, Az: 1 Ca 467/06
Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg, Urteil v. 25.3.2008, Az: 16 Sa 87/07
31 Jan 2012
0 CommentsKündigungsschutz bei Schwerbehinderung ?
Ja !, denn
Interessiert ? Lesen Sie hier die Begründung des Bundesarbeitsgerichts
Hat der schwerbehinderte Arbeitnehmer im Zeitpunkt des Zugangs der Kündigung bereits einen Bescheid über seine Schwerbehinderteneigenschaft erhalten, so steht ihm der Sonderkündigungsschutz nach §§ 85 ff. SGB IX – abgesehen von den sich aus § 90 SGB IX ergebenden Ausnahmen – nach dem Wortlaut des Gesetzes auch dann zu, wenn der Arbeitgeber von der Schwerbehinderteneigenschaft oder der Antragstellung nichts wusste !
Allerdings unterliegt das Recht des Arbeitnehmers, sich nachträglich auf eine Schwerbehinderung zu berufen und die Zustimmungsbedürftigkeit der Kündigung geltend zu machen, der Verwirkung (§ 242 BGB).
Die Verwirkung ist ein Sonderfall der unzulässigen Rechtsausübung (§ 242 BGB). Mit der Verwirkung wird ausgeschlossen, Rechte illoyal verspätet geltend zu machen. Sie dient dem Vertrauensschutz und verfolgt nicht den Zweck, den Schuldner stets dann von seiner Verpflichtung zu befreien, wenn der Gläubiger sich längere Zeit nicht auf seine Rechte berufen hat (Zeitmoment). Der Berechtigte muss vielmehr unter Umständen untätig geblieben sein, die den Eindruck erweckt haben, dass er sein Recht nicht mehr wahrnehmen wolle, so dass der Verpflichtete sich darauf einstellen durfte, nicht mehr in Anspruch genommen zu werden (Umstandsmoment). Hierbei muss das Erfordernis des Vertrauensschutzes auf Seiten des Verpflichteten das Interesse des Berechtigten derart überwiegen, dass ihm die Erfüllung des Anspruchs nicht mehr zuzumuten ist.
Nach den vom Senat hierzu aufgestellten Grundsätzen muss sich der Arbeitnehmer, wenn er sich den Sonderkündigungsschutz nach § 85 SGB IX erhalten will, nach Zugang der Kündigung innerhalb einer angemessenen Frist, die drei Wochen beträgt, gegenüber dem Arbeitgeber auf seine bereits festgestellte oder zur Feststellung beantragte Schwerbehinderteneigenschaft berufen. Unterlässt der Arbeitnehmer die entsprechende Mitteilung, so hat er den besonderen Kündigungsschutz verwirkt.
Die Dreiwochenfrist ist eine Regelfrist. Sie konkretisiert den Verwirkungstatbestand. Ihre Überschreitung führt danach regelmäßig, aber nicht zwingend zur Verwirkung.
Bundesarbeitsgericht, Urteil v. 23.02.2010, Az.: 2 AZR 659/08
Vorinstanzen:
Arbeitsgericht Karlsruhe, Urteil v. 17.8.2007, Az: 1 Ca 467/06
Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg, Urteil v. 25.3.2008, Az: 16 Sa 87/07