Wieviel darf ein Mietwagen kosten ? (Unfallersatzwagen)

Die meisten, die durch einen Verkehrsunfall vorübergehend auf ihr Fahrzeug verzichten müssen, da dieses zur Reparatur in der Werkstatt ist, nehmen einen Mietwagen in Anspruch. Viele werden sich sagen „das zahlt ja doch die Versicherung“. Stimmt dies oder ist dieser Gedanke ein Trugschluß und bleiben nicht vielleicht doch einige Unfallgeschädigte auf den Mietwagenkosten sitzen ?

Zentrale Frage dieser Problematik ist, wieviel ein Unfallersatzwagen kosten darf.

Viele Mietwagenfirmen bieten viele unterschiedliche Tarife für Mietwagen an, einige sogar einen „Unfallersatzwagen-Tarif“. Nur: bezahlt diesen Tarif auch die Versicherung ? wo sind deren Grenzen ?

Oftmals zahlt eine Versicherung einen Mietwagen nur bis zu einer bestimmten Summe, alles, was darüber hinausgeht muß der Geschädigte zahlen. Auf welcher Grundlage entscheidet die Versicherung dies ? Auf welche Listen darf zugegriffen werden ?

Dieser Frage gehen zur Zeit das Landgericht Fulda und der Bundesgerichtshof nach.

In seiner jüngsten Entscheidung urteilte der Bundesgerichtshof, daß die „Schwacke-Liste“ und der „Fraunhofer-Mietpreisspiegel“ geeignete Listen sind, auf welche die Versicherer zurückgreifen können.

Warum sind diese Listen geeignet, andere aber nicht ?

Die Parteien streiten um die Höhe der Mietwagenkosten nach einem Verkehrsunfall. Die Klägerin, eine Autovermietung, verlangte aus abgetretenem Recht des Geschädigten für eine Anmietdauer von 18 Tagen von dem beklagten Haftpflichtversicherer Mietwagenkosten zu einem Tagessatz von 100 € pauschal zuzüglich Nebenkosten in Höhe von insgesamt 2757,32 € ersetzt; die Beklagte erstattete davon lediglich 1999,20 €.

Das Amtsgericht Bad Hersfeld (Urteil vom 30. Dezember 2008, Az. 10 C 575/08 (10)) – hat der auf Zahlung der Differenz gerichteten Klage stattgegeben.
Es ist für die Schätzung der erforderlichen Mietwagenkosten hinsichtlich der üblicherweise auf dem örtlich relevanten Markt – nicht nur für Unfallgeschädigte – erhältlichen Tarife (sog. Normaltarif) von der so genannten Schwacke-Liste unter Berücksichtigung eines Aufschlags wegen der Anmietung eines so genannten Unfallersatzfahrzeugs ausgegangen.

Auf die Berufung der Beklagten hat das Landgericht Fulda (Urteil vom 18. September 2009, Az. 1 S 4/09 ) die Klage abgewiesen.
Es hat den zu ersetzenden Betrag auf der Grundlage des Fraunhofer-Mietpreisspiegels ermittelt und einen Aufschlag für ein Unfallersatzfahrzeug nicht gewährt. Die Schwacke-Listen wiesen erhebliche Defizite in der Methodik der Datenerhebung auf und stellten keine geeignete Schätzgrundlage dar. Daher sei der Fraunhofer–Mietpreisspiegel vorzuziehen.

Gegen diese Auffassung wendet sich die Klägerin mit der Revision.
Der unter anderem für die Haftung im Straßenverkehr zuständige VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat die bei den Instanzgerichten unterschiedlich beantwortete Frage, welche Schätzgrundlage bei der Schätzung der erforderlichen Mietwagenkosten zugrunde gelegt werden darf, in Fortführung seiner bisherigen Rechtsprechung dahin beantwortet, dass der Tatrichter seiner Schadensschätzung sowohl die Schwacke-Liste als auch den Fraunhofer-Mietpreisspiegel zugrunde legen darf.
Der Umstand, dass die vorhandenen Markterhebungen im Einzelfall zu abweichenden Ergebnissen führen können, genügt nicht, um Zweifel an der Eignung der einen oder anderen Erhebung als Schätzgrundlage zu begründen. Die Listen dienen dem Tatrichter nur als Grundlage für seine Schätzung. Er kann im Rahmen seines Ermessens von diesen – etwa durch Abschläge oder Zuschläge auf die sich aus ihnen ergebenden Tarife – abweichen.

Im Ergebnis hat der Bundesgerichtshof das Berufungsurteil allerdings aufgehoben und die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverwiesen, weil dieses prüfen muss, ob ein Zuschlag, auch im Hinblick auf die Anmietung eines Unfallersatzfahrzeugs, zu gewähren ist.

 

Urteil vom 12. April 2011 – VI ZR 300/09